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Was ist Geduld? Eine Analyse & Definition von Geduld

Geduld bzw Ungeduld Wer liebe möchte, muss lernen geduldig zu sein. Doch was ist Geduld? In diesem Artikel gibt es eine kleine Analyse und Definition von biblischer Geduld. 

A. Gefundene Definitionen von Geduld

Im Internet findet man einige unterschiedliche Definitionen und Zitate in denen Geduld definiert wird. Ich liste euch einfach ein paar auf, um eure eigene Vorstellung anzuregen: Friedrich Schleiermacher meint einfach:

Definition von Geduld

Ein japanisches Sprichwort besagt:

„Geduld ist die Kunst, nur langsam wütend zu werden.“

Jürgen Dahl geht den Weg über den Gegensatz:

„Die Eile ist das Gegenteil der Geduld: Ungeduldig sucht sie zu beschleunigen, was eigentlich seine Zeit braucht.“

Und jemand anders schreibt im Internet:

„Ge-duld: Kommt von dulden, also etwas hinnehmen. Ich dulde einen Zustand, ich harre aus, ich warte (oft wider Willen).“

Auch Wikipedia lässt uns nicht im Stich. Dort heißt es:

„Als geduldig erweist sich, wer bereit ist, mit ungestillten Sehnsüchten und unerfüllten Wünschen zu leben oder diese zeitweilig bewusst zurückzustellen. Diese Fähigkeit ist eng mit der Fähigkeit zur Hoffnung verbunden. Geduldig ist auch, wer Schwierigkeiten und Leiden mit Gelassenheit und Standhaftigkeit erträgt.“

B. Analyse der Geduld – ihre verschiedenen Aspekte

Aus den Definitionen oben formt sich langsam ein Bild von Geduld mit seinen verschiedenen Aspekten in uns. Ich habe versucht die Geduld zu analysieren und mit ihren Aspekten darzustellen:

1. Die Voraussetzung für Geduld ist eine schwierige Situation

Man kann Geduld nur zeigen oder lernen, wenn man in Schwierigkeiten ist. Leiden, Druck, Verletzungen, eine Herausforderung oder ein Problem fordern zur Geduld heraus.

Ich bat Gott um Geduld, und er schenkte mir sechs Kinder. (Arno Backhaus)

Weil nur „Anfechtungen“ Geduld entwickeln lassen können, sollen wir uns über sie freuen (Jakobus 1,2).

2. Geduld ist nur in gewissen Schwierigkeiten notwendig

In Angelegenheiten, die man beeinflussen kann oder bei denen man sogar aktiv werden sollte, ist es keine Geduld, wenn man ruhig bzw. untätig bleibt. Man kann das dann eher als Faulheit, Feigheit oder Ähnlichem bezeichnen.

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Geduld ist meist in Angelegenheiten gefordert, die man nicht beeinflussen kann bzw. wo man von anderen abhängig ist.

3. Geduld erfordert die richtige Reaktion auf die Schwierigkeiten

Geduld zeichnet sich durch die richtige Reaktion (in Worten, Handlungen und Gedanken) auf diese schwierige Situation aus. Häufige „Falsche“ Reaktionen, die von Ungeduld zeugen, sind:

  • Ärger / Wut / Zorn
  • Schimpfen / Beleidigungen
  • Ablehnung / Bitterkeit / Hass
  • Übertreibung / Verleumdung
  • Aggressivität / Körperverletzung / Sachbeschädigung

Was ist Geduld Geduldig zu sein bedeutet, so zu handeln, dass der Nächste und man selbst keinen Schaden davon trägt. D.h. die Beurteilung ist von den Folgen der Reaktion abhängig.

4. Die richtige Reaktion muss über eine gewisse Zeit erfolgen

Wenn man zuerst liebevoll reagiert und dann austickt, dann hat man die Geduld verloren. D.h. Geduld hat immer eine zeitliche Komponente. Geduldig sein, bedeutet häufig auf etwas warten…

Wir denken als Deutsche bei Geduld meist an Dinge, wo wir unter Zeitdruck stehen (z.B. an der Ampel warten oder in einer Warteschlange stehen). In der Bibel wird Geduld aber allgemein bezüglich allen Schwierigkeiten (ein Leben lang) gefordert. Darum hat Geduld viel mit Ausdauer, Widerstandskraft oder Standhaftigkeit zu tun.

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5. Die Motivation der Geduld muss gut sein

Ein fünfter und letzter Aspekt, den ich analytisch entdeckt habe, ist die Motivation der Reaktion. Wenn jemand nichts tut oder ruhig bleibt, weil er Gefallen am Unrecht hat oder es ihm gleichgültig ist, dann ist das keine Geduld.

Auch hier sieht man die enge Verbindung zur Liebe. Eine „gute“ Reaktion aus den falschen Gründen ist in Gottes Augen auch verkehrt.

C. Zusammenfassende eigene Definition von Geduld

Ich versuche die obigen Aspekte in einer eigenen Definition zusammenzufassen:

Geduld ist, wenn man auf eine schwierige Situation, die man sonst nicht auf gute Weise aktiv auflösen kann, ausdauernd richtig reagiert, weil man liebt.

Was denkt ihr dazu? Fallen euch noch weitere Aspekte der Geduld ein? Habt ihr eine bessere Definition von Geduld?

Übersetzungen, Beobachtungen & Auslegung zu Psalm 1:1

Übersetzung Psalm 1

In diesem Artikel werfe ich einen Blick auf den hebräischen Text und vergleiche dann die deutschen Übersetzungen wie Luther (LUT), Elberfelder (ELB), Schlachter (SCH), Neue Genfer Übersetzung (NGÜ), Gute Nachricht Bibel (GNB), Hoffnung für alle (HFA) oder Neue Evangelistische Übersetzung (NEÜ). Außerdem halte ich interessante Beobachtungen am Text fest.

Übersetzung von Psalm 1,1a: Wohl dem

Freude oder Segen sind in 1a die Wortbedeutungen des ersten hebräischen Worts „escher“. U.a. LUT und SCH übersetzen mit „wohl“, während ELB und viele neue Übersetzungen mit „glücklich“ wiedergeben. Im Neuen Testament wird das Wort mit „selig“ oder „glückselig“ (siehe z.B. Seligpreisungen Mt 5,3ff) wiedergegeben. Freude oder Segen hat wörtlich „der Mann“ (ELB), doch hier nicht bestimmt und deswegen für Mann und Frau geltend (Gute Nachricht gibt mit „Mensch“ wieder). Ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum niemand mit „Gesegnet“ übersetzt.

„Gesegnet ist derjenige…“ würde ich übersetzen. Es ist, wie Vers 3 zeigt kein Wunsch („gesegnet sei“), sondern eine Aussage in Form des Ausrufs. „Wohl dem ist, wer…“.

Übersetzung von Psalm 1,1b: der nicht wandelt im Rat der Gottlosen

Wörtlich steht im Hebräischen „wer nicht geht im Rat der Gottlosen“. Gemeint ist, dass dieser Mensch nicht auf den Ratschlag von Gottlosen hört (NEÜ), bzw. „wer nicht dem Rat gottloser Menschen folgt“ (NGÜ). Die GNB übersetzt schon recht weit mit „der sich nicht verführen lässt“. Die Gottlosen sind in der GNB näher bestimmt als „die Gottes Gebote missachten“.

Der Weg des Gottlosen beginnt beim Hören auf das Verkehrte. Ebenso wie Eva durch die Schlange, werden wir heute durch den Rat von Gottlosen zur Sünde verführt. Wehre den Anfängen!

Übersetzung von Psalm 1,1c: noch tritt auf den Weg der Sünder

„Der nicht auf dem Weg der Sünder steht“ müsste man 1c streng genommen übersetzen. Das „stehen“ deute ich wie viele deutsche Übersetzungen (LUT, ELB, SCH…) als Beginn, d.h. „der den Weg der Sünder betritt“. Der „Weg der Sünder“ steht wohl für menschliches Verhalten und Denken, das Gott nicht gefällt bzw. entgegen seinem Willen ist.1

Die HFA und GNB übersetzen interessanterweise mit „der sich kein Beispiel nimmt an“. Hier wird die Reaktion auf das Hören beschrieben. Nach dem Hören folgt der erste eigene Schritt in die falsche Richtung. In 1c wird vor kleinen noch so harmlosen Schritten auf den Weg des Verderbens gewarnt! Fang erst gar nicht an!

Übersetzung von Psalm 1,1d: noch sitzt wo die Spötter sitzen.

Die wörtlichen Übersetzungen von 1d sind sehr ähnlich (alternativ heißt es „der nicht im Kreis der Spötter sitzt“). Man könnte allerdings allgemeiner wiedergeben: „der seinen Aufenthaltsort nicht dort hat, wo die sich die Verächter aufhalten“. Das Wort für „Aufenthaltsort“ meint ein Treffen, eine Versammlung von Menschen. Die NGÜ übersetzt: „wer keinen Umgang mit den Spöttern pflegt“.

Ein Verächter ist jemand, der aufgrund seiner Überheblichkeit alle Korrektur und Selbstkritik abweist und stattdessen andere und anderes verhöhnt und als unwürdig ablehnt.2. Die Eingrenzung auf „alles Heilige“ als Inhalt des Spotts ist in der HFA3 nicht begründet. Besser ist da die GNB: „und nicht zusammensitzt mit Leuten, denen nichts heilig ist.“

Schmale und breite Weg

Beobachtungen zu Psalm 1,1

Wie in den Anmerkungen zu den einzelnen Abschnitten angesprochen, ist in Psalm 1,1 eine Steigerung zu entdecken. Spurgeon schreibt dazu:

„Menschen, die in der Sünde leben, sinken von einer Stufe des Bösen zur anderen. Erst wandelt man nach dem Rat der Gottlosen, die in ihrem Leichtsinn Gottes vergessen, – das Böse wird tatsächlich ausgeübt, aber es ist noch nicht zur Natur geworden; aber darnach wird einem das Schlechte zur Gewohnheit, und man steht nun auf dem Wege der offenbaren Sünder, die in augenfälligen Tatsünden dahinleben und mit Vorsatz Gottes Gebote übertreten; und greift keine höhere Hand ein, so geht die natürliche Entwicklung noch einen Schritt weiter und man wird zum Lästerer und Verführer, der andere mit ruchloser Lehre pestartig ansteckt, und nun sitzt man, da die Spötter sitzen. Diese sind im Laster zu Würden gekommen, sie sind bestallt als echte Doktoren der Verdammnis und stehen als Meister der Verruchtheit bei den Bösen in hohem Ansehen.“

Mir ist außerdem das Aufgreifen von drei unterschiedlichen Bereichen aufgefallen, die hauptsächlich für unseren Lebenswandel bzw. die Sünde verantwortlich sind:

  1. Hören“ auf den Gottlosen. Heute kann man das auch das gelesene Wort und die geschauten Bilder beziehen.
  2. Handeln“ wie die Sünder. Das „Tun“ bzw. „Mitmachen“ wird angesprochen.
  3. Reden“ wie die anderen Gottlosen. Das Gute niedermachen, sich mit Sünde brüsten und andere zu Sünde anstacheln.

Beim letzten Punkt schließt sich der Teufelskreislauf der Sünde: Jemand „verführt“ => Man hört darauf => Man sündigt selbst => Man redet stolz davon und „verführt“ andere.

Anwendung von Psalm 1,1

  1. Ein Gerechter achtet darauf, womit er sein Herz nährt: Ist die Quelle erfrischend und sauber oder dreckig und vergiftet? Er hält sich fern von Ratgebern, die die Sünder verharmlosen…
  2. Ein Gerechter achtet auf seinen Lebensalltag: Er versucht auch „kleine“ und scheinbar unbedeutende Sünden zu vermeiden. Wer nicht einsteigt, kann auch nicht mitfahren…
  3. Ein Gerechter achtet auf die Menschen, mit denen er sich umgibt: Er kann zwar Zeit mit Gottlosen verbringen, aber nicht mit ihnen mitmachen.
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Fußnoten:
  1. „Der Weg der Sünder ist das Leben der Gottlosen“ – Luther in seiner ersten Psalmenvorlesung 1513/15 []
  2. In den Sprüchen finden sich viele nähere Bestimmungen des Spötters: Spr 13,1; 14,6.9; 15,12; 19,28; 21,24 []
  3. „Glücklich ist, wer sich fern hält von denen, die über alles Heilige herziehen.“ []
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