Wenn man einen Bibeltext verstehen will, sollte man immer den Kontext, d.h. den Zusammenhang kennen, aus dem der Bibeltext stammt! Sonst können einem leicht falsche Auslegungen unterlaufen…
Die Jahreslosung 2015 stammt aus der zweiten Hälfte des Römerbriefs. In den Kapiteln 1-11 legt Paulus das (eher theoretische) Glaubensfundament, während in den Kapiteln 12-16 praktische Anweisungen für das Leben als Christ daraus abgeleitet werden.
Im größeren Sinnabschnitt Römer 14,1 – 15,6 geht es um den Umgang von Glaubensgeschwistern untereinander: Es gibt „Schwache“, die sich an bestimmte Regeln halten und „Starke“, die die Freiheit von diesen Regeln genießen. Die beiden Gruppen sollen einander nicht verurteilen, sondern Verständnis entwickeln und das Werk Gottes weitertreiben, auch wenn es den Verzicht der Freiheit bedeutet.
In Römer 15,1-6 wird Christus den Starken als Vorbild vor Augen gestellt. Er hat nicht für sich selbst gelebt, sondern das Wohl der Menschen im Blick gehabt und sich dafür aufgeopfert. Ebenso sollen die Starken nicht nur an sich selbst denken, sondern sich vom gemeinsamen Ziel bestimmen lassen.
In 15,7 – der Jahreslosung 2015 – beginnt der Abschnitt 15,7-13. So wie Christus als Vorbild für den Verzicht des eigenen Vorteils dargestellt wurde, so ist er nun auch das Vorbild für die Akzeptanz der Juden und anderer Nationen in der Gemeinde Gottes. Juden- und Heidenchristen sollen lernen einander anzunehmen!
Der Vers der Jahreslosung dient gewissermaßen als Scharnier:
- Die beiden Gruppierungen (Schwache und Starke) sollen einander annehmen, wie Christus auch sie angenommen hat.
- Juden und Heiden sollen einander in der Gemeinde Gottes annehmen, so wie sie von Christus aufgenommen wurden.
Die Aussagen beider Abschnitte (15,1-6 und 15,8-13) werden durch 15,7 – den Vers der Jahreslosung unterstützt! Die Gemeinschaft soll nicht durch diese beiden Gefahren gespalten, sondern durch Annahme überwunden werden. Es lohnt sich diese Abschnitte genauer durchzulesen und zu studieren!
Der Kontext der Jahreslosung 2015 wurde hoffentlich deutlich. Spannend wird nun die Frage der Anwendung: Worauf lässt sich die Forderung der gegenseitigen Annahme alles übertragen – und worauf nicht? Aber damit muss ich mich ein anderes Mal beschäftigen. 🙂